Science Talk: Pilzgeflüster - Was tötet unsere Eschen?

science talk mit

Dr. Gitta J. Langer, Leitung Mykologie und Komplexerkrankungen, Waldschutz der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) in Göttingen

Eschentriebsterben.

Die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) ist eine der wichtigsten heimischen Laubbaumarten Europas und gehört zur Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae). Sie kann Höhen von bis zu 40 Metern erreichen und ein Alter von mehreren hundert Jahren. Aufgrund ihres geraden Wuchses, der hohen Holzfestigkeit und der Elastizität ist Eschenholz seit Jahrhunderten ein gefragter Werkstoff – etwa im Wagen-, Möbel- und Werkzeugbau sowie im Sportgerätebau.

In Mitteleuropa kommt die Esche natürlicherweise in feuchten Auenwäldern, Mischwäldern und Hanglagen vor. Sie bevorzugt nährstoffreiche, gut durchlüftete Böden und ist eine sogenannte Lichtbaumart, die besonders in ihrer Jugend viel Sonnenlicht benötigt.

Historisch hatte die Esche nicht nur wirtschaftliche, sondern auch kulturelle Bedeutung: In der nordischen Mythologie gilt „Yggdrasil“, der Weltenbaum, als Esche. In vielen Kulturen wurde der Baum als Symbol für Kraft, Wachstum und Verbindung zwischen Himmel und Erde verehrt.

Trotz ihrer ökologischen Bedeutung ist die Esche heute stark bedroht – insbesondere durch das aus Ostasien eingeschleppte Falsche Weiße Stängelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus), das das weit verbreitete Eschentriebsterben verursacht. Dies hat zu einem dramatischen Rückgang der Eschen in europäischen Wäldern geführt.

In diesem Science Talk nimmt Dr. Gitta J. Langer das Publikum mit auf eine Reise durch ihre jahrzehntelange wissenschaftliche Arbeit – von den ersten Pilzstudien in den tropischen Wäldern Taiwans bis hin zu aktuellen Untersuchungen in deutschen Eschenbeständen. Im Mittelpunkt steht dabei das Eschentriebsterben, eine seit 2002 in Mitteleuropa beobachtete, neuartige Baumkrankheit, die durch den invasiven Schlauchpilz Hymenoscyphus fraxineus, auch bekannt als Falsches Weißes Stängelbecherchen, ausgelöst wird. Dieser aus Ostasien eingeschleppte Erreger infiziert zunächst die Blätter der Gemeinen Esche (Fraxinus excelsior), führt aber infolge wiederholter Infektionen auch zu Triebsterben, Stammfußnekrosen und letztlich zum Absterben ganzer Bäume.

Dr. Langer erläutert, welche zentrale Rolle holzbewohnende und endophytische Pilze in diesem Krankheitskomplex spielen und wie sie die Vitalität der Eschen zusätzlich beeinträchtigen. Auf Grundlage aktueller Ergebnisse aus dem Demonstrationsprojekt FraxForFuture gibt sie Einblicke in die biologischen Mechanismen der Erkrankung, ihre ökologische Tragweite sowie die praktischen Herausforderungen für Waldschutz, Verkehrssicherheit und forstliche Planung. Ihr Vortrag verbindet grundlegende mykologische Forschung mit anwendungsorientierter Waldökologie und verdeutlicht eindrucksvoll, wie komplexe pilzliche Interaktionen unsere heimischen Wälder langfristig verändern können.

Der science talk ist eine Kooperation mit Volkswagen Group und wird hybrid in Präsenz und als Youtube-Livestream angeboten, um sie auch einem breiteren interessierten Publikum außerhalb der Region zugänglich zu machen.

  • am Donnerstag, den 30.10.2025

  • um 18:30 Uhr, Einlass 18:15 Uhr

  • im phaeno Wissenschaftstheater 

Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Dr. Gitta J. Langer – Spezialistin für Mykologie und Waldschutz.

Dr. Gitta J. Langer leitet das Sachgebiet Mykologie und Komplexerkrankungen in der Abteilung Waldschutz der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) in Göttingen. Die 1965 in Bad Wildungen geborene Diplombiologin studierte von 1984 bis 1991 an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Ihre Studienschwerpunkte lagen in den Bereichen Botanik, Mikrobiologie, Pharmazeutische Biologie und Geologie. 1994 promovierte sie im Fach Mykologie bei Prof. Dr. Franz Oberwinkler mit einer weltweit beachteten Monografie zur Gattung Botryobasidium (Corticiaceae, Basidiomycota).

Für ihre Forschungsleistungen wurde sie 1996 mit dem Anton-Debary-Preis ausgezeichnet. Sie entdeckte und beschrieb eine Vielzahl bisher unbekannter Pilzarten aus tropischen und gemäßigten Wäldern in Europa, Costa Rica, Taiwan und La Réunion. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit engagiert sich Dr. Langer seit vielen Jahren im ehrenamtlichen Natur- und Waldschutz, u. a. im Naturschutzbeirat des Schwalm-Eder-Kreises und im Förderverein für den Nationalpark Kellerwald-Edersee.

Forschung.

Forschungsschwerpunkte – Pilzliche Erkrankungen und Waldgesundheit

Dr. Langers Forschung ist auf pilzliche Schadorganismen und komplexe Erkrankungen von Waldbäumen ausgerichtet. Als Leiterin zahlreicher wissenschaftlicher Projekte untersucht sie die Ursachen, Verbreitungswege und Bekämpfungsmöglichkeiten von gefährlichen Baumkrankheiten. Ihre Arbeit trägt maßgeblich zur Waldschutzberatung für Forstbetriebe, Behörden und andere Stakeholder bei.

Zu den wichtigsten Forschungsprojekten zählen:

  • Das Eschentriebsterben durch Hymenoscyphus fraxineus
  • Das Kieferntriebsterben in deutschen Forsten
  • Die Rußrindenerkrankung der Ahornarten
  • Die Rolle holzbewohnender und endophytischer Pilze in der Krankheitsdynamik

Ein zentrales Anliegen ihrer Arbeit ist die Entwicklung praxisnaher Empfehlungen zum Erhalt der Waldgesundheit sowie zur Sicherung von Arbeits- und Verkehrssicherheit im Wald.